Bibliothek  Das Leben ohne Magie

Es war ein merkwürdiger Gast. Eine weite Robe, ganz unpraktisch für eine Reise in dieser Gegend, ein spitzer Hut, mit wundersamen Zeichen verziert. Wäre es nicht seine traviagefällige Pflicht diesem Reisenden ein Platz an seinem Feuer anzubieten hätte er ihn vermutlich schnell von seinem Hof verjagt. Aber wer weiß welchen Ärger er sich damit eingehandelt hätte. Von seinem Großvater hatte er Geschichten gehört von Leuten, die sich ganz wie Dämonen mit Hörnern an den Hüten schmückte, die über geheime Kräfte verfügten. Nun, Hörner hatte dieser nicht, aber wer weiß, was sich alles unter dem spitzen Hut verbarg den er nicht abgelegt hatte. Auch sein Wanderstab war von seltsamer Art, geschmückt mit ebenso fremden Zeichen wie der Hut. Ah, da kam seine Frau mit der guten Suppenterrine, der Stolz der Familie, weil Sie wahrscheinlich genauso viel Wert war wie sein ganzer Hühnerstall, und nur bei Besuch von Stand (den er bei seinem Gast vorsichtshalber voraussetzte) hervorgeholt wurde. Doch da stolperte Sie über das kleine Holzpferd mit dem sein Jüngster immer zu spielen pflegte. Ein spitzer Schrei entglitt Ihrer Kehle als die Terrine fiel und sich dem Boden näherte - doch der Aufprall blieb aus. Obwohl mehr als 5 Schritt entfernt hatte der Fremde plötzlich die Schüssel in den Händen. Er stellte Sie auf den Tisch. "Phex sei dank noch mal gutgegangen, aber passen Sie besser auf, nicht immer ist ein Zauberer in der Nähe", sagte der Fremde. Ein was ?

Magie ist in Aventurien, wenn auch ein fester Bestandteil der Welt noch längst nicht alltäglich, insbesondere was die Verbreitung der Kunst der Beherrschung der Magie angeht. Schon in den Mysteria Arkana durften wir eine Aufstellung darüber lesen, auf wie viele Einwohner Aventuriens ein magiebegabter kommt und wie oft wiederum dieser entdeckt und ausgebildet wird. Insbesondere in kleinen Weilern und abgelegenen Dörfern (so dass auch keine Gauklertruppe mit Scharlatan vorbeigekommen ist ) ist es demnach auch nicht verwunderlich wenn noch niemand jemals einen Zauberer (egal welcher Art) gesehen hat, geschweige denn wissentlich mit einem solchen Kontakt gehabt hat.

Die oben beschriebene Szene mag also in gewisser Weise typisch sein für eine solche Erstkontaktsituation mit "normalen" Leuten und einem Magier. Die Fremdartigkeit allein auf Grund der Kleidung, das oftmals arrogante Auftreten und Standesbewusstsein, sowie der Stolz bei kleinen, mit Leichtigkeit vorgetragenen Wunder führen oftmals zu Furcht, vor allem aber Erstaunen beim einfachen Volk. Nicht selten bedarf es aber eines Beweises der Aufrichtigkeit, dass es sich nicht um einen "Schwarzmagier" handelt, von dem die Menschen zuweilen öfters gehört haben als davon, dass nicht alle Magier "schwarz" sind. Ein solches Misstrauen überträgt sich zuweilen auch schnell auf die ganze Heldengruppe, besonders in Gebieten wo man Zauberer tatsächlich nur als solche kennt, die Ihre Fähigkeiten in erster Linie dazu einsetzen auf möglichst spektakuläre Weise zu töten oder aber das Gegenteil tun: Leichen zu finsteren Kämpfern zu erwecken, wie es in den schwarzen Landen geschieht.

Auch in den Heldengruppen selbst gibt es oftmals Charaktere (manchmal ist auch die gesamte Gruppe betroffen), die ein solches "unaufgeklärtes" Verhältnis zur Magie haben. Solche Helden sollten rollenspielerisch Furcht, zumindest aber Misstrauen, vielleicht aber auch Begeisterung zeigen, wenn Sie mit Magie in Kontakt geraten (von panischer Angst würde ich, solange nicht explizit als Nachteil geführt, abraten), bis sie durch den oder die zauberkundigen in der Gruppe an das Thema gewöhnt werden.

Wenn auch an Spieltischen nicht so häufig wie es statistisch in der aventurischen Realität sein müsste gibt es aber natürlich auch Heldengruppen, die keinen magischen Beistand haben und deswegen insbesondere von den obigen Überlegungen betroffen sind. Obwohl man meint, dass der Verzicht auf Zauberer in der Gruppe einem die Möglichkeiten des Rollenspiels verringert sollte man beachten, dass durch die Unkenntnis der Zauberei auch sehr viele Möglichkeiten des Rollenspiels geschaffen werden, nämlich dann, wenn sich die Helden mit den vielfältigen, guten oder bösen Effekten der arkanen Künste auseinander setzen müssen. Auch werden entsprechend begabte Gegner deutlich gefährlicher ...

Auf Grund der Häufigkeit solcher Gegner kommen viele Abenteuer und somit auch das gesamte Heldenleben jedoch nur schwer ohne magischen Beistand aus. Die Helden bei jeder Gelegenheit das passende Artefakt finden zu lassen ist ebenso unrealistisch wie zerstörerisch gegenüber den oben beschriebenen Effekten. Ein gewisses magisches Potential kann also bei weiterführenden Abenteuern unumgänglich werden. Folgende Möglichkeiten bieten sich da an:

Ich hoffe dass durch diese kleinen Tricks und Überlegungen auf den Standardmagier in der Gruppe verzichtet werden kann um auf diese Weise neue Möglichkeiten des Rollenspiels zu erproben, ohne grundsätzlich auf eine Reihe Abenteuer verzichten zu müssen, die ohne Magie nicht zu bestehen sind.

Oliver Eickenberg

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